Zum Stück
Krabat- ein Ausflug durch die Zeiten
Der Nebel wallt über die Wiesen in Schwarzkollm. Aus der Ferne ertönt ein kreischendes Krächzen, auf welches hinter uns sofort das Echo zu folgen scheint. Langsam schreiten wir durch Geäst, welches unter unseren Füßen knackt. Immer wieder hslten wir inne, wenn ein undefinierbares Geräusch der Nacht zu uns herüberschallt. Dort, in einigen Metern Entfernung ragt ein Umriss in die Höhe. Schwarz hebt er sich vor dem zarten Mondschein und dem Funkeln der Sterne ab. Es kommt uns vor, als ob das Gebäude zu uns flüstern würde:
"Kommt näher, kommt doch näher".
So oder so ähnlich ist es dem ein oder anderen Wanderer vielleicht ergangen, der sich im 18. Jahrhundert der Schwarzen Mühle in Schwarzkollm näherte. So viele Geschichten wurden darüber erzählt und werden es sogar bis heute.
Unheimlich - sagenumwoben- zeitlos: Die Geschichte über den sorbischen Zauberer Krabat ist in vielen historischen Sagenbüchern Deutschlands, so zum Beispiel in Alfred Meiches "Sagenbuch des Königreich Sachsen" (1903) zu finden. Anders als bei der sorbischen Sagengestalt Martin Pumphut finden sich zu Krabat tatsächliche Belegefür dessen Existenz. Der Obrist Johann Schadowitz ist nach einem Eintrag in der Chronik von Wittichenau und Umgegend (Khronika Kulowa) 1704 achtzigjährig verstorben. Sogar seine Grabstätte ist bekannt, eine Grabtafel in der Katholischen Pfarrkirche "St. Mariä Himmelfahrt" in Wittichenau erinnert an seine Beisetzung.
Alles gut und schön, denkt sich der Skeptiker. Wie steht es mit der Magie, mit dem Zauber, den wunderlichen Dingen, die rund um die Person KRABATS kursieren? Nachweisen lässt es sich natürlich nicht. Doch was wäre die Welt ohne den Glauben an die Wunder, die ein einfacher Müllerbursche vollbracht hat? Was für eine Welt, in der das Gute nicht gegen das Böse obsiegen kann? Zumindest wäre es ein trister und trauriger Ort, in welchem Fantasie und Vorstellungskraft verkümmern würden.
In jedem Fall geht eine besondere Magie von der Sagengestalt Krabat aus. Vom 18. Jh. wandern wir gedanklich weiter, lassen das 19. Jh. mit seiner Chronik von Wittichenau passieren und bleiben im 20. Jahrhundert.
Hier finden wir einige Autoren, die sich der Macht des KRABAT nicht widersetzen konnten und dessen Wirken in der Oberlausitz zum Mittelpunkt ihrer literarischen Werdke werden ließen. Sehr philosophisch kommen dabei "Krabat oder die Verwandlung der Welt" (1976) sowie "Krabat oder die Bewahrung der Welt (1993) des sorbischen Autors Juri Brezan daher. Das Gute und das Böse, die Tatsache, dass das eine nicht ohne das andere existieren kann und sich beide zum Teil unkenntlich ineinander verweben, lässt Brezan dadurch hervortreten, dass Krabat und der SChwarze Müller manchmal eine Person, dann wieder zwei unterschiedliche Charaktere darstellen. Durch verschiedene Zeiten führen die Geschichten, beide Figuren finden sich immer wieder in unterschiedlichen Gestalten. Sehr tiefgründig übt Brezan in beiden Bänden Gesallschaftskritik und hinterfragt die Menschheit selbst. Dahingegen ist Brezans "Die Schwarze Mühle" (1968) eine der wohl düstersten Darstellungen der Krabat-Sage. Der Anfang ist in allen Publikationen gleich:
"Einer geht durch das Land, ein Junger oder ein Alter, man kann es nicht sehen, er ist noch zu weit."
Die wohl bekannteste Publikation zu Krabat ist wohl die des deutschen Autors Otfried Preußler, der unter anderem auch durch "Die kleine Hexe" Bekanntheit erlangte. Preußlers "Krabat" (1971) schaffte es dann auch 2008 auf die Leinwände, die die Welt bedeuten. War Krabat bis dato einigen jungen Leuten kein Begriff, sollte sich das durch den Film unter Regie von Marco Kreuzpaintner bald schon ändern. Der Film wurde 2009 in den Kategorien bestes Szenenbild, beste Filmmusik und Tongestaltung für den deutschen Filmpreis nominiert.
Eine der ersten Veröffentlichungen der Krabat-Geschichte im 20. Jh. stammt allerdings von dem sorbischen Maler, Grafiker, Publizist und Schriftsteller Měrćin Nowak-Njechorński (Martin Nowak-Neumann). Mit eigens kreierten holzschnittartigen Illustrationen versehen, lässt Nowak den Leser in ein märchenhaftes Reich tauchen und inspirierte sogar Preußler zu seinem Jugendbuch über den sorbischen Zauberer.
Nach diesem kurzen Exkurs durch die Jahrhundert landen wir wieder in unserer Zeit, direkt vor der Schwarzen Mühle in Schwarzkollm. Überrascht sind wir darüber, was hier für ein reges Treiben herrscht. Überall eilen Menschen, einige in bunten sorbischen Trachten, ander in Handwerkerhosen. Es werden Tische und Bänke aufgestellt, Schirme gespannt, Essensvorräte in die Wirtsstube getragen und etwas abseits nochmal einige Szenen geprobt. Für was? Natürlich für die Krabat-Saga, die ihre Besucher*innen mit einer spannenden Geschichte, sorbischen Traditionen und selbstverständlich einer Menge Magie in ihren Bann ziehen wird. Die Sage um den Müllerjungen lebt hier an diesem Ort weiter und vielleicht werde andere, die nach uns kommen, auf ihrer Reise zurück in die Vergangenheit an dieser Stelle in unserem Jahrhundert innehalten, um die Geschichte des jungen Müllerburschen besser verstehen zu können.
"Im Anfang ist das Licht" - Der Inhalt der Saga 2024 (Achtung: Spoiler!)
I. Akt - Der Schwarze Müller
Hanka erzählt vom alten Lied der Welt, der Geschichte von Janek, dem Krabat. Die Geschichte beginnt ein Jahr vor seiner Geburt. Die Erzählung spielt in dem kleinen sorbischen Dorf Schwarzkollm, wo der Müller Janko und seine geliebte Marija leben. Alles scheint friedlich, als sie den Bund fürs Leben bei einer großen sorbischen Hochzeit, der "Serbski Kwas", eingehen. Die Dorfbewohner versammeln sich zu einer fröhlichen Hochzeitsfeier. Es wird gelacht, getanzt und gesungen, während der Braška Bartuš, der Zeremonienmeister der Herzen, das Fest organisiert und für gute Stimmung sorgt.
Doch so wie jeder Sommertag die ferne Ahnung an dunkle Winternächte in sich trägt, so folgt dem hellsten Licht unweigerlich die tiefste Finsternis. Mitten in den festlichen Aktivitäten erscheint eine unheimliche Gestalt- die dunkle Patin, die Čorna Kmótra.
Das Schicksal schlägt unerwartet zu: Elžbjeta, Bartuš´ Frau und Hankas Mutter, erkrankt an einem tödlichen Fieber und stirbt plötzlich. Neun Monate später erwartet Marija, Jankos Frau, ebenfalls ein Kind. Jankos Verzweiflung wächst, als auch Marija vom gleichen Fieber wie Elžbjeta heimgesucht wird. Er fällt in tiefen Kummer und fühlt sich hilflos angesichts der mangelnden medizinischen Kenntnisse und Möglichkeiten. Getrieben von der Angst um seine geliebte Marija und dem Wunsch, Wissen und Macht zu erlangen, verfällt Janko zunehmend der Dunkelheit. Die Čorna Kmótra bringt eine düstere Prophezeiung mit sich und stellt den Müller Janko vor eine schreckliche Wahl: Er kann durch sie das dunkle Wissen erfahren und den Koraktor, das siebte Buch des Wissens, erhalten, damit Marija retten - im Tausch für seinen ungeborenen Sohn - oder er verliert seine Frau. In seiner Hilflosigkeit gibt Janko seinem Verlangen nach Wissen und dem Koraktor nach. Er geht den Handel mit der Dunklen Patin ein. Dies führt zu einer Verwandlung seines Wesens. Marija erkennt, dass Jankos neues Ich nicht nur sie, sondern auch ihr ungeborenes Kind bedroht.
Sie trifft die schwerwiegende Entscheidung, ihren Sohn Janek in Sicherheit zu bringen. Kurz nach dessen Geburt übergibt sie Janek in die Obhut von Roma-Frauen, die versprechen, ihn vor dem düsteren Schicksal zu bewahren, das Janko heraufbeschworen hat. Als Janko seine Frau verläßt, wid ihm das volle Ausmaß seines Paktes bewusst. Die einst friedliche Mühle wird zu einer schwarzen Festung der dunklen Künste. Dieser neue Weg beendet den TRaum von einer glücklichen Zukunft für Janko und Marija und führt ihn in ein neues Dasein als Schwarzer Müller.
Janko, nun als Schwarzer Müller bekannt, bindet sich endgültig an die Macht der Patin und beginnt, Müllerburschen in der Schwarzen Mühle auszubilden. Die einst blühende Mühle wird zu einem Ort des Schreckens, an dem düstere Geheimnisse und verbotene Mächte herrschen. Die Dorfbewohner von Schwarzkollm meiden die Mühle und flüstern von einem dunklen Fluch, der auf diesem Ort lastet.
II. Akt - Krabat
In Schwarzkollm geht die finstere Herschaft der Schwarzen Müllers weiter. 17 Jahre später folgt Janek, inzwischen ein junger Mann, dem Ruf der Schwarzen Mühle. Sein Weg führt ihn aus Dalmatien ins Dorf Schwarzkollm. Dort trifft er auf eine Gruppe von Dorfmädchen- Unter ihnen befindet sich auch Hanka. Sie ist die Tochter von Bartuš. Das Kind, welches er verlassen hat um seinen Freund Janko vor der Dunkelheit zu retten. Hanka wächst als Waise mit der Liebe und Fürsorge der Dorfgemeinschaft auf. Als Janek und Hanka das erste Mal im Dorf aufeianander treffen spüren sie eine engere gemeinsame Verbindung.
Hanka ist es, die Janek seinen Namen gibt unter dem er in der Region bekannt werden wird: Krabat. Abgeleitet von dem sorbischen Wort "Chorwat" für Kroate. Trotz der Warnung Hankas und der Dorfmädchen folgt Krabat dem Ruf der Schwarzen Mühle. Angekommen an der Mühle im Koselbruch wird Krabat durch ein uraltes Ritual Teil der Müllerburschen. Er geht einen Pakt mit dem Müller ein. Der Schwarze Müller erhält seine ewige Macht, da das magische Dutzend wieder voll ist. In seiner ersten Nacht an der Mühle freundet sich Krabat mit Bartuš, dem Altgesellen, an. Obwohl Krabat der Ort Schwarzkollm fremd ist fühlt er sich angekommen. Wird er in Schwarzkollm Antworten auf seine Fragen finden - über seinen eigenen Weg, wer er ist und woher er kommt? Eine neue Zeit bricht an.
III. Akt - Im Anfang ist das Licht
Die letzte Nacht des Jahres ist angebrochen und die Schwarze Messe wird abgehalten. Wie jedes Jahr soll einer der Müllerburschen der dunklen Patin geopfert werden. Dieses Mal soll Krabat, der klügste der Müllerburschen, es sein. Doch die Čorna Kmótra hat andere Pläne mit ihm. In dieser schicksalhaften Nacht entdeckt Krabat, dass in ihm eine gewaltige Macht und Stärke wohnt.
Bei einem geheimen Treffen der Müllerburschen unter der Führung von Bartuš wird Krabat in die Prophezeiung um den Sohn eingeweiht, der die Macht des Müllers brechen kann. Er erfährt, dass er der Sohn des Schwarzen Müllers ist und von nun an als derjenige gilt, der den dunklen FLuch brechen kann. Angetrieben von diesem Wissen und seinem unerschütterlichen Glauben an das Gute, stellt sich Krabat mutig den bevorstehenden Herausforderungen. Auf mysteriöse Weise taucht eine Seite des Koraktors auf. Darauf ist geschrieben, wie der Fluch gebrochen werden kann.
Der Müller ist von Bosheit und Dunkelheit in seinem Herzen gezeichnet. Die Verzweiflung und Trauer über den Verlust seiner Frau Marija lässt jedoch immer wieder ein letztes kleines Licht in ihm aufleuchten. Auch Marija hat ihren Janko noch nicht aufgegeben. Sie will ihn aus der Dunkelheit befreien und ihren Liebsten zurückgewinnen, wie er einst war.
In der Osternacht verbringen die Müllerburschen, gemäß eines alten Rituals, die Nacht an einem Ort, wo ein Mensch gewaltsam starb. Unsichtbar durch den Zauber des Müllers, verbringen Bartuš und Krabat die Nacht an einem alten Baum nahe des Dorfes. Dort treffen sie auf die jungen Ostersängerinnen, unter ihnen ist Hanka. Sie führt als Vorsängerin - als Kantorka - die Mädchen an. Bartuš´ Schmerz ist groß, als er seine Tochter wie jedes Jahr um diese Zeit wiedersieht. Hankas Gesang verzaubert Krabat. Auf magische Weise kann Hanka Krabat erkennen. Krabat weiht Hanka in die Geheimnisse der Mühle und die Prophezeiung ein. Gemeinsam schmieden sie einen Plan, wie sie den Fluch brechen können. Krabat stellt sich der dunklen Patin entgegen. Das Jahr neigt sich dem Ende zu und die letzte Nacht des Jahres bricht an.
Hanka kommt zur Mühle und bittet Krabat frei. Unter den Müllerburschen, in Gestalt von Raben erkennt sie Krabat mit Hilfe ihres eigenen inneren Lichts. Ein Kampf entbrennt zwischen Vater- dem Müller- und Sohn - Krabat. Marija hilft, die beiden zu trennen, während die Schwarzkollmer ihre verschollenen Söhne befreien. In dem brennenden Inferno finden sowohl Janko als auch Marija, Krabats Mutter, ihre Erlösung. Der Schwarze Müller sieht sich seinem unausweichlichen Ende gegenüber und Marija führt ihn auf seinem letzten Weg. Bartuš, der treu zu seinem alten Freund stand und seine Tochter schützen wollte, offenbart sich als Hankas Vater. Es kommt zu einer hoffnungsvollen Wiedervereinigung zwischen Hanka und ihrem Vater. Mit dem Ende der Schwarzen Mühle und dem scheinbaren Verschwinden der dunklen Magie kehren Licht und Hoffnung nach Schwarzkollm zurück. Die Dorfleute und die geretteten Burschen treten aus der Dunkelheit, bereit für eine neue, hellere Zukunft. Krabat nimmt sein Schicksal an. Gemeinsam mit Hanka und Bartuš blickt er in eine neue Zeit.